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EU setzt mit Richtlinien und Verordnungen internationale Standards um

Anders als die UN-Sonderorganisationen hat die Europäische Union in vielen Bereichen direkte gesetzgebende Gewalt. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat üben diese Kompetenz aus, indem sie auf Vorschlag der EU-Kommission Richtlinien und Verordnungen erlassen. Dabei berücksichtigen sie internationale Vorgaben. Im Luftverkehr sind das vor allem die Standards und Verfahrensvorschriften der UN-Luftfahrtorganisation ICAO.

EU setzt mit Richtlinien und Verordnungen internationale Standards um

Die Europäische Union hat in vielen Politikbereichen die Kompetenz, Regeln zu erlassen, die sich direkt oder indirekt auf die Mitgliedstaaten auswirken. Dabei ist zwischen EU-Verordnungen und EU-Richtlinien zu unterscheiden. Verordnungen gelten in den Mitgliedstaaten unmittelbar, nachdem sie vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union verabschiedet wurden. Eine Verordnung zu einem Flughafenthema gilt also für den Flughafen Madrid in gleichem Maße wie für den Flughafen Warschau. EU-Richtlinien hingegen müssen vor dem Inkrafttreten von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Bei Richtlinien haben die nationalen Gesetzgeber demnach einen Gestaltungsspielraum, um die Regelungen den jeweiligen nationalen Gegebenheiten anzupassen, soweit sie den Zielen der Richtlinie nicht entgegenstehen.

Die Vorlagen für Verordnungen und Richtlinien erstellen die Generaldirektionen der EU-Kommission. Sie sind der europäischen Exekutive zuzurechnen und lassen sich mit den deutschen Bundesministerien vergleichen. Für Fragen des Luftverkehrs und des Umweltschutzes sind die Generaldirektion für Mobilität und Verkehr sowie die Generaldirektion für Umwelt zuständig. Unterstützt werden sie von der Europäischen Umweltagentur (EUA) sowie von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA):

Europäische Akteure bei der Regelung von Fluglärm #europaeische_akteure_bei_der_regelung_von_fluglaerm

Akteure in Europa, die Fluglärm regeln

Ein ähnlich umfassendes grundsätzliches Regelwerk zum Luftverkehr wie das Chicagoer Abkommen auf internationaler Ebene oder das Luftverkehrsgesetz auf nationaler Ebene gibt es auf europäischer Ebene nicht. Das Thema Fluglärm spielt jedoch in einer Reihe von Verordnungen und Richtlinien eine große Rolle.

Die Umgebungslärmrichtlinie #die_umgebungslaermrichtlinie

Die EU-Umgebungslärmrichtlinie stammt aus dem Jahr 2002 und beschäftigt sich unter anderem mit Straßenlärm, Schienenlärm, Fluglärm und Industrielärm. Ziel der Richtlinie ist es, den Umgebungslärm in der gesamten EU auf Lärmkarten sichtbar zu dokumentieren. Wer sich also zum Beispiel ein Einfamilienhaus bauen will und lärmempfindlich ist, kann sich bei der Grundstückssuche an den Lärmzonen dieser Karte orientieren. Darüber hinaus sollen unter Beteiligung der Öffentlichkeit Aktionspläne entwickelt werden, mit denen ab einer Überschreitung bestimmter Lärmwerte die Lärmbelastung verringert werden kann. In Deutschland wurde die Richtlinie mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz umgesetzt.

2009 gab die Europäische Umweltagentur die erste Lärmkartierung heraus. Sie basierte auf Daten, die im Jahr 2007 erhoben wurden. Die Lärmkarten zeigen, wie in der Umgebungslärmrichtlinie festgelegt, Lärmdaten des Mittelungspegels LDEN für 24 Stunden. Dabei werden die Lärmwerte für den Abend und für die Nacht mit Aufschlägen von 5 bzw. 10 dB(A) bewertet. Damit soll dem Empfinden der Bürger Rechnung getragen werden, die Lärm am Abend und in der Nacht intensiver erleben als während des Tages. Die Lärmkarten zeigen deutlich, dass sich die Fluglärmbelastung auf die Umgebung von Flughäfen beschränkt. Entsprechend der Richtlinie müssen die Lärmkarten alle fünf Jahre erneuert werden. Der Kartierungsumfang wurde für das Jahr 2012 ausgeweitet und bezieht sich seither auf Ballungsräume und die Umgebung von Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken und Großflughäfen. In einer dritten Stufe wurden im August 2018 die aktuellen Daten veröffentlicht.

In Deutschland fasst das Umweltbundesamt (UBA) die Daten für die Lärmkarten zusammen. Bezeichnend ist, dass im Vergleich der Verkehrsträger von Fluglärm die mit Abstand kleinste Gruppe der Bevölkerung betroffen ist. Demnach sind in Deutschland 846.600 Menschen von Fluglärm betroffen, der einen Außenlärmpegel von 55 dB(A) gemittelt über 24 Stunden übersteigt. In der Nacht sind 243.000 Menschen von Fluglärm betroffen, der über einem Außenlärmpegel von 50 dB(A) liegt.

Betroffene von Verkehrslärm in Deutschland #betroffene_von_verkehrslaerm_in_deutschland

Ergebnis der Lärmkartierung* des Umweltbundesamtes

Nach der Lärmkartierung des Umweltbundesamtes für 2018 ergeben sich je nach Verkehrsträger und Tageszeit unterschiedliche Zahlen für die Betroffenen durch Verkehrslärm

Quelle: Umweltbundesamt, Stand 01.08.2018

Von der Betriebsbeschränkungsrichtlinie zur Verordnung #von_der_betriebsbeschraenkungsrichtlinie_zur_verordnung

Von 2002 bis Mitte 2016 galt eine EU-Richtlinie zu lärmbedingten Betriebsbeschränkungen an Flughäfen der Europäischen Union. Sie wurde hauptsächlich erlassen, um internationale Streitigkeiten über Landeverbote für laute Flugzeuge beizulegen. Die Richtlinie legte unter anderem gemeinsame Regeln für die Ausmusterung von Kapitel 3-Flugzeugen auf den europäischen Flughäfen fest und ermöglichte den Aufsichtsbehörden der Flughäfen, Betriebsbeschränkungen für lautere Flugzeuge zu erlassen.

Die Betriebsbeschränkungsrichtlinie wurde durch eine EU-Verordnung ersetzt, die am 13. Juni 2016 in Kraft getreten ist. Die Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem EU-Mitgliedstaat. Sie basiert, ebenso wie die Richtlinie, auf dem „Balanced Approach“ der UN-Luftfahrtorganisation ICAO. In der Verordnung wird festgelegt, dass Betriebsbeschränkungen in den EU-Mitgliedstaaten nach dem „Balanced Approach“ nur als letztes Mittel erlassen werden dürfen, nachdem die Maßnahmen zur Lärmreduzierung an der Quelle, die Möglichkeiten der Flächennutzungsplanung und -verwaltung sowie die betrieblichen Verfahren zur Lärmminderung geprüft und ausgeschöpft sind.

Jeder Flugzeugtyp braucht ein Lärmzertifikat #jeder_flugzeugtyp_braucht_ein_laermzertifikat

Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) in Köln lässt seit 2003 Flugzeugmuster für Europa zu. Dabei überprüft sie, ob sie die im Umweltschutz-Anhang des Chicagoer Abkommens der ICAO festgelegten Anforderungen erfüllen. Für jeden neuen Flugzeugtyp muss der Hersteller ein Musterzulassungs-Kennblatt für Lärm erstellen. Sind alle Vorgaben erfüllt, erteilt die EASA Lufttüchtigkeits- und Umweltzeugnisse für den Flugzeugtyp. Damit wird sichergestellt, dass in der gesamten Europäischen Union gleiche Standards bei Sicherheit und Umweltschutz, also auch bei den Lärmemissionen gelten.

Das europäische Komitee für Normung CEN #europaeisches_institut_fuer_normung

Das CEN wurde 1961 gegründet und ist eine private, nicht gewinnorientierte Organisation, bestehend aus 34 Standardisierungsorganisationen europäischer Länder. Das Komitee wurde von der EU anerkannt und ist verantwortlich für die Entwicklung von freiwilligen Standards auf europäischer Ebene. Wichtige Standards für die Luftfahrt decken folgende Themengebiete ab: Sicherheit, Umwelt, Energie, Gesundheit, Chemikalien und Auflagen für den Luftverkehr im Allgemeinen.

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